Die Berufsgruppe der DHs führt in der Prophylaxe und Parodontaltherapie weltweit einen großen Teil der notwendigen Behandlungen durch. Leider ist dieser Beruf in Österreich immer noch nicht staatlich anerkannt. Dies bedeutet, dass eine DH in Österreich einer PAss gleichgestellt ist, sowohl in Hinblick auf das Gehalt als auch auf die erlaubten Tätigkeiten in der Praxis. » Siehe dazu „Zahnärtzliche Assistenz-Gesetz“ (PDF Dokument).
Generell ist das Berufsbild DH in Europa sehr inhomogen, es gibt zahlreiche verschiedene Ausbildungsmöglichkeiten und Befugnisse. In Österreich werden verschiedenen Argumente gegen die Etablierung der DH als Berufsbild ins Treffen geführt. Einerseits werden hohe Ausbildungskosten und danach deutlich ambitioniertere Gehaltsvorstellungen befürchtet. Andererseits kursiert die Sorge, dass mit der DH auf selbstständiger Basis die Rückkehr der Dentisten in einer „light-Version“ kommen könnte – Stichwort Fissurenversiegelung – wo hört sie auf, wo fängt die Füllung an.
Die ÖGP unterstützt grundsätzlich Bestrebungen, das Berufsbild DH in Österreich staatlich anzuerkennen und mehr qualifizierende Ausbildungsmöglichkeiten im Land zu schaffen. Eine kompakte Zusammenfassung der verschiedenen Stellungen der DH in Europa und den USA liefert der nachfolgende Artikel von Frau Kristina Krapf, BA (DH & Fachtrainerin):
Was ist ein*e Dentalhygieniker*in?
Dentalhygieniker*innen (DH) tragen durch ihr Wissen zur Gesunderhaltung von Zähnen und Parodont bei. Sie sind beispielsweise in zahnärztlichen Einzel- und Gruppenpraxen, in Heimen und Spitälern, in Universitäts- und Schulzahnkliniken, im Erziehungswesen, in Ausbildungsstätten, in Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens, in der Forschung, der Industrie und in einzelnen Ländern auf selbstständiger Basis tätig. In zahnmedizinischen Prophylaxeteams kümmern sie sich um primär (Erhalt der Gesundheit bzw. Vorbeugung von Krankheiten), sekundär (Früherkennung bzw. Verhinderung der Progredienz einer Erkrankung) und tertiär Prävention (Verhinderung der Progredienz oder des Eintritts von Komplikationen bei einer bereits manifesten Erkrankung) im Fachbereich der oralen Medizin.
“Preventing oral diseases and promoting oral health is the ‘core business’ of dental hygienists.”
(EDHF – European Dental Hygienist Federation)
In Österreich gibt es für DH noch kein staatlich anerkanntes Berufsbild. Zurzeit wird nur das Berufsbild des*der Prophylaxeassisten*in (PAss) anerkannt, somit arbeiten in Österreich DH laut dem „Zahnärztliche Assistenz-Gesetz“ von 2012 unter dem Berufstitel der PAss.
An der Danube Private University in Krems/Stein (AUT) gibt es zwar die Möglichkeit ein EU-weit anerkanntes, akkreditiertes Studium „Bachelor Dental Hygiene“ zu absolvieren. Für die Ausübung des Berufes gelten dann aber die jeweiligen länderspezifischen gesetzlichen Regelungen. Das bedeutet, dass in Österreich offiziell auch nur die Tätigkeit als PAss offensteht.
Die Ausbildung zur DH beinhaltet in den meisten Fällen (EU) den Abschluss von ca. 2-4 Jahre postsekundäre Ausbildung, an die teilweise ein Pflichtpraktikum, Berufserfahrung und/oder ein Staatsexamen folgt.
Länderspezifische gesetzliche Regelungen
Laut European Dental Hygienists Federation (EDHF) sind DH in 26 EU-Ländern anerkannt, entweder durch eine gesetzliche Regelung und einen geschützten Titel als DH (13 Länder) und/oder einem Studiengang (13 Länder):
Länder | staatlich anerkannt | gesetzliche Regelung |
Belgien (BEL) |
Ja | Belgien berechtigt qualifizierten DH (Absolventen des dreijährigen Studiums) die Durchführung des DPSI (Dutch Parodontal Screening Index), die supra- und subgingivale Reinigung, das Anlegen von Wundverbänden, das Auftragen von topischen Mitteln (wie Fluorid und Chlorhexidin), einen Präventionsplan aufzustellen und zahnärztliche Eingriffe unter Aufsicht eines*r Zahnarztes*ärztin (ZA) oder Kieferchirurgin*en durchzuführen. |
Bulgarien (BGR) |
Nein | Keine Regelung |
Schweiz (CHE) |
Ja | In der Schweiz zählen DH zur Kategorie der medizinisch-therapeutischen Berufen und besitzen somit ein staatlich anerkanntes Berufsbild.
DH sind sowohl als Angestellte aber auch als Selbstständige tätig, die meisten jedoch arbeiten als Mitglied in zahnärztlichen Teams. Bestimmte Tätigkeiten jedoch dürfen nur nach ärztlicher Verschreibung durchgeführt werden. |
Zypern (CYP) |
Nein | Keine Regelung |
Tschechische Republik (CZE) |
Ja | In der Tschechischen Republik gibt es einen gesetzlich geregelten Tätigkeitsbereich der DH. Gewisse Behandlungen dieses Tätigkeitsbereiches dürfen selbstständig ohne Aufsicht und Delegation eines ZA durchführt werden. Manche Tätigkeiten sind jedoch beschränkt und dürfen nur nach Diagnose eines Zahnarztes ausgeführt werden. Des Weiteren gibt es Behandlungen die nicht selbstständig, aber unter Aufsicht eines Zahnarztes durchgeführt werden dürfen. |
Deutschland (DEU) |
Nein | Die praktische Tätigkeit einer*s DH muss immer unter der Aufsicht, Delegation und Verantwortung eines*er ZA ausgeführt werden. Ein komplett autarkes Handeln der DH ist in Deutschland nicht zulässig, es erfordert daher ein intradisziplinäres Konzept zwischen DH und ZA in der Zahnarztpraxis. |
Dänemark |
Ja | DH sind sowohl als Angestellte aber auch als Selbstständige tätig.
Sie sind berechtigt ohne Anweisung und Aufsicht eines ZA bestimmte Behandlungen autonom auszuüben. |
Spanien (ESP) |
Ja | DH dürfen Behandlungen nur unter direkter Aufsicht von ZA und/oder auf der Grundlage von Genehmigungen ausführen.
In Spanien dürfen DH nur im Bereich Gesundheitsförderung und Zahngesundheitserziehung selbstständig arbeiten. |
Estland (EST) |
Nein | Keine Regelung |
Finnland (FIN) |
Ja | In Finnland sind DH medizinische Fachkräfte, die nach dem Berufspersonengesetz legalisiert sind. Das Gesetz schützt die berufliche Tätigkeit der DH und die Führung einer Berufsbezeichnung. Sie sind berechtigt den Beruf entweder im Dienste eines anderen, als Selbständige*r oder als Unternehmer*in auszuüben. |
Frankreich (FRA) |
Nein | Keine Regelung |
Großbritannien (GBR) | Ja | DH sind sowohl als Angestellte aber auch als Selbstständige tätig. Bestimmte Tätigkeiten jedoch dürfen nur nach ärztlicher Verschreibung (insbesondere zur Zahnaufhellung) durchgeführt werden. |
Griechenland (GRC) |
Nein | Keine Regelung |
Ungarn (HUN) |
Ja | In Ungarn dürfen DH eine begrenzte Anzahl von Tätigkeiten selbstständig durchführen (Mundhöhle Vorsorgeuntersuchungen, zahnärztliche Vorsorge und Zahnhygienebehandlungen), während andere Tätigkeiten nur unter Aufsicht eines ZA erlaubt sind (z.B. Vorbereitung von Zahnbehandlungen und Unterstützung bei zahnärztlichen oder chirurgischen Behandlungen). |
Irland (IRL) |
Ja | DH ist nach Anweisung eines Zahnarztes berechtigt, der den Patienten untersucht und einen umfassenden Behandlungsplan erstellt hat, klinische Zahnhygieneleistungen zu erbringen. Bei der Verabreichung von Lokalanästhesie oder der Behandlung von Patienten unter oraler Sedierung ist die direkte Überwachung durch eine*n ZA obligatorisch. |
Italien (ITA) |
Ja | DH sind in öffentlichen oder privaten Gesundheitseinrichtungen in einem Angestellten- oder freiberuflichem System auf Anordnung von ZA berechtigt Behandlungen selbstständig durchzuführen. |
Liechtenstein (LIE) |
Ja | Der Tätigkeitsbereich der*s DH in Liechtenstein umfasst die Durchführung dentalhygienischer Diagnostik, die Zahnreinigung mit Zahnsteinentfernung, die Beratung von Patienten sowie die Anleitung zur häuslichen Mundhygiene. |
Litauen (LTU) |
Ja | DH dürfen Behandlungen nur unter direkter Aufsicht von ZA und/oder auf der Grundlage von Genehmigungen ausführen. In Litauen ist für bestimmte, aber nicht alle Behandlungen wie Zahnaufhellung, Versiegelung von Zahnfissuren und Röntgenaufnahmen ein zahnärztliches Rezept/eine zahnärztliche Beratung erforderlich. |
Lettland (LVA) |
Ja | Einige Behandlungen (z. B. Fissurenversiegelung, Zahnaufhellung) erfordern zahnärztliche Verschreibung; andere werden unter zahnärztlicher Aufsicht durchgeführt. |
Luxemburg (LUX) |
Nein | Keine Regelung |
Malta (MLT) |
Ja | DH führen zahnärztliche Arbeiten unter der klinischen Leitung einer*s ZA durch, der*die Patienten*innen untersucht und einen zahnärztlichen Gesamtplan erstellt hat, in dem der Behandlungsverlauf für die dentalhygienische Behandlung angegeben ist. Die Verabreichung der Lokalanästhesie bleibt unter direkter klinischer Aufsicht eines*r ZA. |
Niederlande (NLD) |
Ja | In den Niederlanden können DH bestimmte spezifische Behandlungen wie die Anwendung von Lokalanästhesie, die Durchführung von Röntgenaufnahmen und die Behandlung von Primärkaries unter Anweisung und Aufsicht eines*r ZA durchführen.
In den Niederlanden gelten folgende Fachgebiete als die einer*s DH: Untersuchung des Zahnzustandes und das die Zähne umgebenden Gewebes in Bezug auf Plaque-bedingte Erkrankungen und anhand der gewonnenen Daten Erstellung einer Diagnose und Erstellung eines Behandlungsplans. Screening auf Zahndefekte oder andere Mängel der Mundgesundheit und ggf. Überweisung an eine*n ZA oder Arzt*in. Behandlung von Krankheiten der Mundschleimhaut und prophylaktische Zahnbehandlungen mit Ausnahme der Primärkaries. |
Polen (POL) |
Ja | Präventive und medizinische Behandlungen sowie zahnärztliche Erstuntersuchungen, Prophylaxe und medizinische Eingriffe dürfen nur unter Aufsicht und auf Anordnung einer*s ZA erfolgen. |
Portugal (PRT) |
Ja | In Portugal arbeiten DH vor allem in Privatpraxen oder beim staatlichen Gesundheitsdienst. Deren Aufgaben sind Diagnose, Planung und Durchführung oraler Behandlungen. |
Rumänien (ROU) |
Nein | Keine Regelung |
Slowakei (SVK) |
Ja | DH dürfen Behandlungen nur unter direkter Aufsicht von ZA und/oder auf der Grundlage von Genehmigungen ausführen. |
Slowenien (SVN) |
Ja | In Slowenien können Patienten auch ohne vorherige Überweisung durch einen ZA die direkte Behandlung einer*s DH in Anspruch nehmen. DH können unabhängig arbeiten und dürfen eine Privatpraxis eröffnen. |
Schweden (SWE) |
Ja | In den schwedischen Dentalhygieneschulen, die an Universitäten angegliedert sind, werden DH mit einem eigenständigen Berufsbild ausgebildet. Da DH in Schweden eine Approbation erhalten, können sie sich mit einer eigenen Praxis selbstständig machen. |
USA | Ja | Den Abschluss bildet ein Staatsexamen – dieses ist auch Voraussetzung, um den Berufstitel Registered Dental Hygienist (RDH) zu führen. |
Die Länder unterscheiden sich hinsichtlich der Berufsautonomie von DH: Länder, die die Erbringung von Dienstleistungen direkt für die Patienten ermöglichen, und solchen, die eine direkte Aufsicht durch eine*n ZA erfordern. Während einige Länder unterschiedliche Grade von Einschränkungen der Autonomie der Tätigkeiten aufzeigen, ragen die nordischen Länder mit einem weit weniger restriktiven Ansatz heraus.
Obwohl es noch keine einheitliche Ausbildung gibt, setzt sich in Europa vermehrt der Bachelor-Abschluss als Standard in der DH-Ausbildung durch. Die Nachfrage nach universitär qualifizierten Prophylaxe-Spezialisten*innen auf der Basis des europäischen Bildungsstandards steigt. Die Ausbildung auf universitärem Niveau ist mit 180 ECTS (European Credit Transfer System), entsprechend einer 3-jährigen Dauer anzusetzen.
Der Alltag moderner Zahnarztpraxen ist schon lange nicht mehr von einer linearen Führungsstruktur geprägt, sondern von einer aufrichtig gemeinten Zusammenarbeit auf Augenhöhe aller am Wohl des Patienten interessierten Personen. Diesem Wohl dienen insbesondere fundierte Kenntnisse der Zahnärzte*innen und die Expertise der DH, einerseits als Bindeglied zwischen Patient*innen und Mediziner*innen sowie andererseits als wesentliche Ansprechpartner und Stakeholder in der prophylaktischen Begleitung und Betreuung von Patienten*innen.
Autorin: Kristina Krapf, BA
Berufsweg
2010 – 2013 Grundausbildung – zahnärztlichen Assistentin
2015 Weiterbildung Dipl. Prophylaxeassistentin
2019 Zertifizierte Fachtrainer nach ISO 17024
2016 – 2019 Universitätsstudium Dental Hygiene
2021 – Dipl. Kommunikations- und Ausdruckstrainerin | Dipl. Kräuterpädagogin (Naturheilkunde)
Kontaktdaten
Website: www.parorefresh.com
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